Die Ausstellung „Hunsrückschiefer – Leben im Devon“ ist 2024 am Institut für Geowissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) in Kooperation mit dem Naturhistorischen Museum Mainz / Landessammlung für Naturkunde Rheinland-Pfalz entstanden. Sie wird am 12. und 13. Oktober 2024 während der Mineralien- und Fossilientage in der Ulmenhalle in Ober-Olm präsentiert.
In den Geowissenschaftlichen Sammlungen der JGU und im Naturhistorischen Museum Mainz / Landessammlung für Naturkunde RLP liegen mehrere tausende von Fossilien insbesondere aus Rheinland-Pfalz, die einen Einblick in die Lebewelten vergangener Zeiten geben und zugleich die Entwicklungsgeschichte der Erde und des Lebens dokumentieren. So belegen die Fossilien aus dem Hunsrückschiefer eine Meeres-Lebewelt vor 400 Millionen Jahren, als das Festland noch weitgehend unbesiedelt war.
Später wurden die Tonsteine bei der Gebirgsbildung durch erhöhten Druck und Temperatur geschiefert. Das heißt aus Ton wurde Tonschiefer. Dieser wurden als Dachschiefer seit der Römerzeit genutzt und abgebaut. Heute ist die Schiefergewinnung aus Kostengründen im Hunsrück eingestellt. Damit werden auch keine weiteren Fossilien gefunden, denn die oft filigranen Fossilien wurden in der Regel nur beim mühseligen Spalten in Handarbeit entdeckt. Auch die zweite Verwendung des Dachschiefers, nämlich als Schiefertafeln, ist seit den 1970er Jahren deutlich zurückgegangen, da die Schulanfänger nicht mehr auf Schiefertafeln schreiben lernen.
Häufig sind die Fossilien in dieser Konservatlagerstätte aufgrund der Gebirgsbildung stark zusammengedrückt.
Natürlich gibt es viele weitere Gruppen an Fossilien im Hunsrückschiefer, wie beispielsweise Asselspinnen, Scheinsterne, Borstenwürmer…
Stachelhäuter (Echinodermaten)
Diese Meeresbewohner leben meist als Bodenbewohner im Flachmeer, manche aber heute auch in der Tiefsee. Bei ihnen hat sich eine Symmetrieform entwickelt, die auf 5 Symmetrieachsen aufbaut und die besonders deutlich bei den fünfarmigen Seesternen erkennbar ist. Zu den Stachelhäutern gehören neben den Seesternen auch Schlangensterne, Seeigel und Seelilien. Letztere erinnern von ihrem Aussehen an Pflanzen, sind aber auch Tiere. Sie besitzen einen langen, am Boden verankerten Stiel, der aus einzelnen scheibenförmigen Skelettelementen besteht. Am Ende des Stiels liegt der Kelch, aus dem die 5 Arme, oder ein Vielfaches davon, herausragen und Nahrungspartikel aus dem Wasser filtern.
Gliederfüßer (Arthropoden)
Arthropoden besitzen ein festes Außenskelett, ein Wachstum ist daher nur durch Häutung möglich. Der Körper ist in Segmente untergliedert. Zu den Arthropoden zählen auch die Trilobiten, die vor etwa 250 Millionen Jahren ausgestorben sind. Auf den ersten Blick sehen sie aus wie zu groß geratene Kellerasseln. Auf Deutsch werden sie auch Dreilappkrebse genannt, obwohl es in Wirklichkeit keine echten Krebse sind. Ihr Körper wird in Kopf, Rumpf und Schwanz unterteilt.
Bei Gefahr rollten sich Trilobiten ein, indem sie den Kopf auf das Schwanzsegment klappten und so ihre ungepanzerte Unterseite schützten.
Aufgrund der Häutung findet man häufig nur einzelne Segmente von Trilobiten. Trilobiten hatten bereits im Devon gut entwickelte Facettenaugen. Die Form und Lage der Augen erlaubte auch eine fast komplette Rundumsicht.
Viele eingerollte Trilobiten im Hunsrückschiefer könnten darauf hinweisen, dass die Tiere den herannahenden Schlammstrom als Bedrohung empfunden und sich eingerollt haben.
Der Schinderhannes - der letzte Anomalocaride
Ebenfalls zu den Gliederfüßern gehört die Gruppe der Anomalocariden. Sie waren die ersten Topräuber in den Urzeitmeeren. Ursprünglich nahm man an, dass sie bereits im Ordovizium ausgestorben seien. Der im Hunsrückschiefer gefundene Schinderhannes bartelsi gehört aber vermutlich ebenfalls in diese Gruppe und war damit schon im Erdzeitalter Devon ein lebendes Fossil.
Wieso heißt das Fossil Schinderhannes bartelsi ?
Wissenschaftler von der Universität Bonn haben dieses einzigartige Fossil in Bundenbach entdeckt und 2009 beschrieben. Es existiert bisher nur dieses eine Exemplar aus dem Hunsrückschiefer. Mit der Beschreibung erfolgte auch die Benennung durch die Autoren: Der Name „Schinderhannes“ wurde in Anlehnung an den berühmten Räuber Schinderhannes (Johannes Bückler) gewählt, der im 18. Jahrhundert in den Wäldern von Hunsrück und Taunus sein Unwesen trieb. Dieser Name ist passend, da der Anomalocaride vor 400 Millionen Jahren im Bereich des heutigen Hunsrücks sich räuberisch ernährt hat. Der zweite Namensteil „bartelsi“ wurde zu Ehren des Hunsrückschieferspezialisten Christoph Bartels vergeben, der im April 2024 verstorben ist.
Panzerfische (Placodermi)
Im Devon erreichten die Fische einen ersten Entwicklungshöhepunkt. Das Devonmeer war auch die Heimat der Panzerfische, die ein Außenskelett hatten und deren Kopf und Rumpf von Panzerplatten geschützt war. Sie sind entfernt mit allen heutigen Wirbeltieren verwandt und besaßen noch keine Zähne, sondern im Ober- und Unterkiefer insgesamt vier Knochenplatten mit denen die Beute ergriffen wurde. Die Knochenplatten schärften sich ständig selbst durch das stetige aneinander reiben. Die größten bekannten Panzerfische erreichten etwas über 4 m Länge.
Kopffüßer (Cephalopoden)
Die Kopffüßer, heute zum Beispiel vertreten durch Nautilus, Tintenfisch und Oktopus, gehören zu den Weichtieren. Im Laufe der Erdgeschichte waren die Cephalopoden aber vielfältiger und stellen mit den Ammoniten wichtige Leitfossilien für marine Ablagerungen.
Viele fossile Kopffüßer besaßen ein Außenskelett, das gut fossil überlieferbar ist. Aus diesem Außenskelett oder Gehäuse schaute der Kopf mit den Fangarmen, meistens 8 bis 10, heraus.
Die Orthoceren, paläozoische Verwandte des heutigen Nautilus, hatten ein gerade gestrecktes, tütenförmiges Gehäuse, ähnlich wie eine Schultüte. In dieser befand sich der Weichkörper mit seinen Fangarmen.
Präparation der Fossilien
Auf den ersten Blick erkennt man auf den Schieferplatten selten ein Fossil. Oft deuten nur Unebenheiten auf den Platten ein mögliches Fossil an.
Die Fossilien selbst müssen aber erst aufwendig herauspräpariert werden. Meist werden die Platten vor der Freilegung geröntgt, um die genaue Lage und den Umriss des Fossils zu erkennen. Beste Präparationsergebnisse erzielt man durch Kombination von feinen Nadeln und Schabern mit Sandstrahlgeräten, die mit feinem Eisenpulver genutzt werden. Die Präparation ist daher nicht nur zeitaufwendig, sondern kann aufgrund der notwendigen Geräte oft auch nur von Spezialisten durchgeführt werden.