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Universitätsbibliothek Mainz

Universitätsbibliothek restituiert Buch an Urenkel des Mainzer Fabrikanten und Kunstsammlers Felix Ganz

Recherchen im Rahmen eines Projekts am Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft (IKM) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) unter der Leitung von Prof. Dr. Elisabeth Oy-Marra förderten das Buch zutage. Felix Ganz war 1944 wegen seiner jüdischen Herkunft zusammen mit seiner Frau Erna in Ausschwitz ermordet worden.

Bei dem Fundstück, das bisher unbemerkt in der Universitätsbibliothek Mainz gestanden hatte, handelt sich um das Insel-Büchlein „William Cohn: Ostasiatische Porträtmalerei“ aus dem Jahre 1922. Nathalie Neumann, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft (IKM) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, entdeckte das unscheinbare Buch eher zufällig. Prof. Adam Ganz, ein Urenkel von Felix Ganz aus London, nahm es bei der offiziellen Rückgabe in Mainz persönlich in Empfang. Adam Ganz ist Professor an der Royal Holloway University of London, Associate des dortigen renommierten Holocaust Research Institute und als assoziierter Wissenschaftler Teil des vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste (DZK) geförderten Projekts „Rekonstruktion der Kunstsammlung Felix Ganz“ am Lehrstuhl von Prof. Dr. Elisabeth Oy-Marra.

Besitzstempel Ganz
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Auf das in der Universitätsbibliothek Mainz entdeckte Buch aus der Ganz‘schen Bibliothek wurde Nathalie Neumann durch den bislang unbekannten Exlibris- oder Besitzvermerk-Stempel der Eheleute Gertrud und Felix Ganz aufmerksam. Neumann ist als Kunsthistorikerin am IKM der JGU spezialisiert auf die Erforschung der Herkunft von Kunstwerken und anderen Kulturgütern. Als Mitarbeiterin im Forschungsprojekt „Rekonstruktion der Kunstsammlung Felix Ganz“ unter der Leitung von Elisabeth Oy-Marra befasst sie sich damit, den Verbleib von Ganz‘ Sammlung systematisch zu untersuchen.

Die Familie Ganz spielte eine wichtige Rolle im Kulturleben der Stadt Mainz, so auch Felix Ganz, der in den 1920er Jahren des letzten Jahrhunderts u. a. als Schriftführer der Gutenberg Gesellschaft, Mitglied in verschiedenen Mainzer Kultureinrichtungen und Förderer des Römisch-Germanischen Zentralmuseums aktiv war. Auf seinen zahlreichen internationalen Geschäftsreisen u. a. nach Paris, London, Istanbul, Tbilisi und Tabris trug er eine bedeutende Sammlung an Kunstobjekten aus dem Nahen und Fernen Osten zusammen. Der Verbleib des größten Teils seiner privaten Bibliothek und Kunstsammlung nach der Enteignung durch die Nationalsozialisten blieb lange Zeit ungeklärt, bis im Jahr 2019 einige Möbel aus dem Besitz von Felix Ganz im Landesmuseum Mainz identifiziert und im Rahmen der Ausstellung „Betrifft: Erwerb aus jüdischem Besitz“ in Mainz präsentiert werden konnten.

Mit dem jetzt in der Universitätsbibliothek entdeckten Buch wurde erneut ein wenig mehr Licht ins Dunkel gebracht. „Es ist ein wichtiger Fund, der uns auf eine neue Spur gesetzt hat. Wir werden jetzt abklären, ob noch weitere Bücher aus der Bibliothek von Felix Ganz stammen“, erklärt die Projektleiterin Elisabeth Oy-Marra vom Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft der JGU.

Die Bestände der Universitätsbibliothek Mainz, ebenso wie die zahlreicher später integrierter Instituts- und Seminarbibliotheken, mussten nach der Neugründung der Universität 1946 zunächst mit Unterstützung der französischen Besatzungsbehörden komplett neu aufgebaut werden. „Wir sind dankbar für das Interesse der Provenienzforschung an unseren Beständen und die Unterstützung durch die Kunstgeschichte. Nur durch derartige länder- und institutionsübergreifende Forschungsanstrengungen ist es möglich, die Herkunft uns anvertrauter Bücher aus dieser Zeit zu klären und sie gegebenenfalls erfolgreich restituieren zu können“, betont Dr. Michael Hansen, Direktor der Universitätsbibliothek Mainz.

Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg, das die Provenienzrecherche an der JGU fördert, versteht sich national und international als zentraler Ansprechpartner zu Fragen unrechtmäßig entzogenen Kulturguts. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Suche nach so genanntem NS-Raubgut, also im Nationalsozialismus verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut insbesondere aus jüdischem Besitz.

Titelbild: Felix Ganz (links) mit Familie, um 1914. Family Archives © Ganz Family

Kontakt

Projektleiterin:

Prof. Dr. Elisabeth Oy-Marra

Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft (IKM)

Johannes Gutenberg-Universität Mainz

55099 Mainz

Tel. +49 6131 39-33875

E-Mail: oymarra@uni-mainz.de

 

Wiss. Mitarbeiterin:

Nathalie Neumann, M.A.

Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaften (IKM)

Johannes Gutenberg-Universität Mainz

55128 Mainz

Tel: +49 160 90311953

E-Mail: naneuman@uni-mainz.de