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Universitätsbibliothek Mainz

14.12.2018

Alle Jahre wieder kommt die Debatte

Einfach mal raus für ein Semester, weit weg. Oder zumindest ein kleines Stück: nach Belgien. Wo Import und Export so ausgeglichen sind wie die Menschen und es sich entspannter studieren lässt als in Germersheim oder Mainz. Echt? Kommt darauf an. Hier blogt Filiz aus Mons.

Seit Menschengedenken feiert Belgien am 6. Dezember den heiligen Sankt Nikolaus, Schutzpatron der Kinder und der Studis. Bis eine gewisse kokakola-Figur auch im Land der Fritten und des Bieres Einzug gehalten hat, bekamen alle artigen Kiddies am 6., und nicht am 24. Dezember, ihre feschen Eiphones, ääh... ihre Zuckerstangen, meine ich. Und damit am Sankt Nikolaus-Tag auch alle rechtzeitig die verdienten Gaben erhalten, steht dem Bärtigen stets sein Knecht Ruprecht zur Seite.

Nikolaus und Zwarte Piet
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Je nach Region, in der er Sankt Nikolaus beim Verteilen der Geschenke hilft, trägt Knecht Ruprecht einen anderen Namen: etwa Hans Trapp im Elsass, Père Fouettard im frankophonen, Hans Muff im deutschsprachigen Teil Belgiens. Und da alles in Belgien per se kompliziert sein muss, ist in Flandern Nikolaus‘ linke Hand der Zwarte Piet.

Aus dem Niederländischen übersetzt, bedeutet Zwarte Piet so viel wie ‚Peter der Schwarze‘ oder ‚Schwarzer Peter‘. Diese Figur, die auch in den Niederlanden fest zur Nikolaustradition gehört, gerät seit 2011 alle Jahre wieder in die Schlagzeilen. Der Vorwurf: (un-)geschminkter Rassismus, denn der Zwarte Piet mit seinem schwarz gefärbten Gesicht, seinen überdimensionalen rot angemalten Lippen, seiner Afroperücke und seinen Creolohrringen, so die Kritikerinnen und Kritiker, sei das Relikt einer kolonialistisch-rassistischen Gesellschaft.

„Schwachsinn!“, rufen die Anhängerinnen und Anhänger des Brauches, Zwarte Piet sei schwarz, weil er als fleißiger Helfer auch durch die engsten Schornsteine kletterte, dabei ins Schwitzen komme, bis jeder Zentimeter seiner weißen Haut rußschwarz werde. Wenn dem so sei, werfen die Gegnerinnen und Gegner ein, warum dann diese von rassistischen Stereotypen geprägte Aufmachung des Zwarten Piets? Außerdem sei die Darstellung eines schwarzen, dümmlichen Knechtes, der einem weißen Dude diene, nichts anderes als rassistisch und verharmlose fremdenfeindliche Tendenzen, die vermehrt um sich griffen. 2016 einigte man sich in Belgien dann auf den Zwarte Piet Pakt: alles ist erlaubt, abgesehen von rassistischen Stereotypen. Das heißt, rußgeschwärzte Gesichter ja, komplett schwarz bemalte Antlitze nein!

Dieser Pakt hat sicherlich seinen Teil dazu beigetragen, dass es in Belgien meist bei Wortgefechten bleibt, während die Ankunft des Gespanns in den niederländischen Städten Tillburg und Rotterdam vor einigen Wochen zu mehreren Festnahmen geführt hat. In Eindhoven musste die Polizei gar eingreifen, als aufgebrachte Fans des FC Eindhoven Anti-Zwarte-Piet-Demonstrantinnen und -Demonstranten angriffen. An die Kinder, die hoffnungsvoll auf das neueste, mit Kobalt - abgebaut mit Hilfe von kongolesischen Kindern - gefüllte Eiphone warten, denkt dabei wohl niemand.

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